(Nachdenken aus Anlass des zehnjährigen Jubiläums des Prüfungszentrums
des Goethe- Instituts im E – KU Institut für sprachliche und interkulturelle
Kommunikation)
Die deutsche Sprache ist meine Herzensangelegenheit. Ich hatte einen
hervorragenden Deutschlehrer, der mich so beeinflußte, dass ich Germanistik
sogar studiert habe. In Jena, der Universitätsstadt von Goethe und Schiller.
Im August konnte ich mich – 21 Jahre nach Studienende – mit meinen Studienkollegen
treffen. Wir leben in verschiedenen Ländern und hatten uns allerhand
zu erzählen. Als Sprachlehrer widmeten wir allerdings ein Teil unserer
Gespräche der deutschen Sprache. Eine Sache, die mich in dieser Hinsicht
traurig stimmt, und die ich in den letzten Jahren aber intensiv wahrnehme,
ist der Schwund der deutschen Sprache. Aus den Grund- und Mittelschulen,
den Universitäten, ganz zu schweigen von ihrem Gebrauch auf verschiedenen
internationalen Konferenzen. Und das obwohl sie für den größten Teil
der EU- Bürger Muttersprache ist. Ein gesondertes Thema würden Erfahrungen
aus EU- Institutionen darstellen.
Ich weiß nicht, was dazu diesen August auf der Weltkonferenz der Deutschlehrer
im österreichischen Graz gesprochen wurde, ich kann es nur ahnen...
Der Rückgang der deutschen Sprache ist europaweit. Der Umfang lässt
Alarm schlagen, erschreckt und überrascht! Selbst in der Slowakei, einem
unmittelbaren Nachbarn von Österreich und einem wichtigen Handelspartner
von Deutschland! In einem Land, in dem wir in der Sprache unserer Groß-
und Urgroßeltern, aber auch in der gegenwärtigen Sprache Spuren des
Deutschen finden: wir gehen oft an die frische luft, manchmal verdirbt
uns irgendein unglückliches ksicht die Laune (meine Kinder sagen schon
face), Autofahrer werfen ihren blinker aus usw. Diese Umgangssprache
entstammt der gemeinsamen Geschichte mit den deutschsprachigen Ländern,
ist ein Bestandteil unserer Kultur. Gegenwärtig sind wir Zeugen dessen,
dass slowakische Kinder – in unserem Fall gerade mal ca.140 km von Wien
¬–, bis vor kurzem massenweise in Deutschkursen, nun gleich nach Englisch,
Interesse für Französisch und Spanisch zeigen. An unserem Arbeitsplatz
im Prüfungszentrum des Goethe-Instituts versuchen wir, im Rahmen unserer
Möglichkeiten, die deutsche Sprache zu unterstützen. Dies ist nicht
immer leicht, aber wir werden uns auch weiterhin engagieren. Eins ist
aber sicher: Die deutsche Sprache braucht eine größere Unterstützung
von den relevanten Institutionen – wirtschaftlichen, politischen und
kulturellen. Eine aktive Sprachpolitik, die Verbindung österreichischer
und deutscher Bestrebungen, vielleicht auch der Schweizer.
Ich weiß, dass dieser Artikel nur eine kleine Stimme ist, die bald verklingt.
Trotzdem musste ich es aussprechen. Unser zehnjähriges Jubiläum als
Prüfungszentrum des Goethe- Instituts ist eine passende Gelegenheit
dafür, Gefühle, Befürchtungen, aber auch die Beziehung zur deutschen
Sprache offen zu legen. Ich hätte auch loben können, wir verzeichnen
doch in der Zahl der Prüfungsteilnehmer immer noch ein kleines Wachstum.
Aber ein Mensch kann nicht nur vor sich hinsehen, er muss auch Weitblick
beweisen ...
Unserem Arbeitsplatz wünsche ich für die nächsten Jahre viel Erfolg,
positiv motivierte Interessenten für die deutsche Sprache und Zertifikate
des Goethe-Instituts. Vielleicht hilft ja der Fußball dabei: im nächsten
Jahr findet die Fußballweltmeisterschaft gerade in Deutschland statt!
Mgr. Anatolij Vdovičenko,
Direktor des E – KU Instituts für sprachliche und interkulturelle Kommunikation
und Leiter des Prüfungszentrums des Goethe- Instituts